Auf unserer Etappe 4 von Lichtenrade nach Lichterfelde Süd wird besonders deutlich, wie wenig noch zu erkennen ist von der jüngeren Berliner Geschichte, die ja auch in hohem Maße europa- und weltgeschichtliche Relevanz hat. Man könnte den Weg im üppigen Grün für einen Feldweg halten. Das ist er jetzt auch. Und er ist mehr. Es ist der Kolonnenweg, der innerhalb der ehemaligen Grenzanlagen liegende asphaltierte Weg für die Patrouillen- und Versorgungsfahrzeuge der Grenztruppen. Sie haben 28 Jahre lang eine besondere Sperranlage bewacht. Eine, die sich nach innen richtete - gegen die eigene Bevölkerung.
Nach dem 9. November 1989 ging alles ganz schnell: „Mauerspechte“ hackten sich – aus welchen Motiven auch immer – ihr Stückchen aus der Berliner Mauer. Ganze Mauersegmente wurden andernorts zu anderen Zwecken aufgestellt, so z.B. in der Sand- und Kiesfabrik in Treptow zum Abtrennen des aufgeschütteten Sands. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die Lochbetonplatten bei Landwirten zum Befestigen der Hofeinfahrten. Den Streckzaun sehen wir auf unserem Mauerspaziergang in seinem zweiten Leben als: Kaninchenstall, Kompostumzäunung, Gartenzaun, Grundstücksmarkierung und Garagenbegrenzung. Er wurde im Stück hergestellt, indem gewalztes Metall zugeschnitten, die Sehschlitze maschinell eingekerbt und die bearbeiteten Flächen gestreckt wurden.
Wir suchen die versteckten, überwachsenen Reste. Mittels Recherche und Büchern ergänzen wir die Fundstücke; versuchen uns ein Bild zu machen von dem, was vor 20 Jahren unübersehbar war.
Der Eingangsredner auf der Podiumsdiskussion im DAZ zu „Neues Licht auf das Sperrgebiet“ erinnert daran, dass das kritische Gedächtnis Berlins bis heute fast vollständig eliminiert wurde. Das Bemühen besteht heute darin, Barrieren, grenzen und Übergänge zu re-identifizieren. Diese wieder gefundenen Reste werden markiert / kartografiert / beschrieben / restauriert / konserviert / … und somit verortet. Die Orte sind für uns notwendig, um Erinnerung und Geschichte(n) zu evozieren. Nicht nur für die Zeitzeugen, die die Teilung Deutschlands und Berlins erlebt haben, sondern auch und vor allem für die Generationen, die die Tragweite nur noch anhand von ´markierten Resten´ und Dokumentationen im weitesten Sinne nachvollziehen kann.
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