Tag 6: Transit

Das heutige Ziel war der Griebnitzsee; gestern mussten wir die Wanderung aufgrund eines schweren Gewitters schon nach wenigen Kilometern abbrechen. Am Teltowkanal entlang geht es zum ehemaligen Kontrollpunkt Dreilinden, der an der Transitautobahn Westdeutschland – West-Berlin lag. Von dort führt der Weg auf dem Königsweg durch den Berliner Forst Düppel an Albrechts Teerofen und der West-Berliner Exklave Steinstücken vorbei zum Griebnitzsee.

Transit I
Den Kontrollpunkt Dreilinden-Drewitz passierte man, wenn man auf der Transitautobahn zwischen Westdeutschland und West-Berlin unterwegs war. Da die BRD und die DDR unterschiedliche Auffassungen über den rechtlichen Status der durch den Transitverkehr betroffenen Gebiete hatten, war der auch als „Checkpoint Bravo“ bezeichnete amerikanische Kontrollpunkt für die DDR eine „GÜSt“ – eine Grenzübergangsstelle.
Mit dem so genannten „Transitabkommen“ von 1971, das Reisen zwischen der BRD und West-Berlin erleichtern sollte, trat das erste Abkommen, das auf Regierungsebene zwischen BRD und DDR geschlossen wurde, in Kraft. Es steht im Zeichen des „Wandels durch Annäherung“ der sozialliberalen Regierung Brandt/Scheel.

Transit II
Im Berliner Forst Düppel gibt es eine Brücke über die ehemalige „Friedhofsbahn“, die vom Bahnhof Wannsee zum Stahnsdorfer Friedhof fuhr. Anfang des 20. Jahrhunderts fuhr der erste Dampfzug; mit dem Bau der Mauer wurde der Betrieb eingestellt. Für viele Fahrgäste war es tatsächlich ihre letzte Fahrt.

Transit III
Kohlhasenbrück bei Griebnitzsee ist nach dem Pferdehändler Hans Kohlhase benannt, der sich gegen die Willkür des Adels wehrte, legal kein Recht bekam, schließlich einen Silbertransport überfiel und 1540 vor den Toren der Stadt gehängt wurde. Er diente Heinrich von Kleist als historisches Vorbild für seine Novelle „Michael Kohlhaas“.
Die mittelalterliche Rechtsauffassung und die der Aufklärung stehen in Konflikt; die Frage, ob der Mensch befugt ist, zur Selbstjustiz zu greifen, wenn der Staat ihm Unrecht zufügt, wird verhandelt. In der Novelle disputiert Luther mit Kohlhaas und fragt ihn nach der Rechtfertigung seiner Selbstjustiz. Kohlhaas fühlt sich von der Gemeinschaft des Staates verstoßen und antwortet: „Verstoßen […] nenne ich den, dem der Schutz der Gesetze versagt ist! […] und wer ihn mir versagt, der stößt mich zu den Wilden der Einöde hinaus; er gibt mir […] die Keule, die mich selbst schützt, in die Hand.“

[Kleist, Heinrich von: Michael Kohlhaas. Stuttgart: Philipp Reclam jun. GmbH & Co, 1993. S. 47].


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